Lebendige Flüsse können begeistern
STORY | GEWÄSSERPERLEN

Gewässerperlen-Kandidaten in Süddeutschland

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Gute, statt schlechte Nachrichten

In Zeiten, in denen die Klima- und Biodiversitätskrise die Schlagzeilen beherrscht, wollen wir ein positives Signal aussenden: Ja, es gibt sie noch, die naturnahen Bäche und Flüsse bzw. Gewässerstrecken und wir wollen sie mit dem Label „Gewässerperle PLUS“ auszeichnen.

Das soll die Menschen dazu anregen, sich mit ihrem Fluss vor der Haustüre auseinanderzusetzen, seinen Wert und seine Besonderheiten zu erkennen, um dann gemeinsam diesen Naturraum zu gestalten.

Die Menschen dürfen stolz auf ihre Gewässerperlen, auf dieses besondere Stück Heimat sein. Und sie können gemeinsam dafür sorgen, dass es erhalten bleibt.
Gewässerperlen-Kandidat im Südschwarzwald, die Wutach

Auf der Suche nach Gewässerperlen in Süddeutschland

Um Kandidaten für das Label „Gewässerperle PLUS“ in Bayern und Baden-Württemberg zu identifizieren, haben wir einen Hintergrundbericht in Auftrag gegeben. Alle (nach WRRL berichtspflichtigen) Fließgewässer in Bayern und Baden-Württemberg wurden in einer datenbasierten GIS-Analyse untersucht. Es wurde ausgewertet, welche
Gewässerstrecken den Anforderungen für eine Gewässerperle entsprechen.

In Bayern sind die folgenden Bäche und Flüsse noch besonders naturnah:

 

AMMER

Aufgrund der schwierigen Zugänglichkeit ist die Ammer in der Schluchtstrecke von nennenswerten Veränderungen durch den Menschen verschont geblieben. Wo genügend Platz ist, verzweigt sich die Ammer und bildet umgelagerte, vegetationsfreie und gehölzbestockte Kiesbänke. Das stellt selten gewordene Lebensräume für den Flussuferläufer, die Gefleckte Schnarrschrecke oder die Deutsche Tamariske dar.

Naturnaher Bach, Ammer-Zufluss Eyach

EYACH

Die Eyach windet sich bzw. mäandriert durch ein abschnittsweise relativ weites Tal, das sich aber auf längeren Strecken auch schluchtartig verengt. Dort im Wald ist die Eyach erst einmal nur durch ihr Rauschen wahrzunehmen. Der begleitende Mischwald bringt dem Bach Schatten und Totholz.

(Uffinger) Ach, Ammer Zufluss

ACH

Dass der aktuelle Lauf stark von dem des Berichtsgewässernetzes abweicht, zeigt, wie dynamisch die (Uffinger) Ach sich durch den Wald windet. An ihren Prallhängen konnte sie sich an einigen Stellen weit ins Umland hinein gegraben. Das viele Totholz im Gewässer bietet Unterschlupfmöglichkeiten für viele Tierarten.

Naturnaher Fluss Amper, Ausfluss Ammersee

AMPER

Die Amper hat durch den Puffer des Ammersees den wilden Charakter eines Gebirgsflusses verloren und fließt mit ausgeglichenen Wassermengen in einem breiten Gewässerbett mit wenigen Flussbiegungen. An diesen gräbt sie sich weit in die anliegenden Feuchtwiesen hinein und kann an diesen Stellen bis zu 50 m breit sein.

Breitachklamm

BREITACH

Die tiefste Felsenschlucht Europas lockt jährlich etwa 300.000 Besucher an. Dennoch wird aufgrund der teilweise senkrecht abfallenden Felswände die Dynamik und Natürlichkeit der Breitach durch die touristische Infrastruktur nicht eingeschränkt.

Naturnaher Fluss: Der Schwarze Regen zwischen Regen und Teisnach

SCHWARZER REGEN

Der Schwarze Regen windet sich im sogenannten Bärnloch in großen Mäandern durch das Urgestein des Gebirgsmassives. Das Gewässerbett ist tief eingeschnitten und weist zahlreiche große Felsblöcke auf, an denen das Wasser rauschend und schäumend vorbeifließt.

TIRSCHENREUTHER WALDNAAB

Die Tirschenreuther Waldnaab mäandriert durch ein breites Tal mit geringem Gefälle. Sie fließt daher langsam und bildet typische Prall- und Gleithänge aus. Die anschließenden Feuchtwiesen stellen eine gute Futterquelle für die selten gewordene Flussperlmuschel dar, die in der Tirschenreuther Waldnaab noch in Restbeständen vorkommt. Charakteristisch für die Waldnaab sind die sog. Wollsackverwitterungen aus Granit.

Gewässerperlen-Kandidat in Bayern, Auerbach

AUERBACH

Dieser natürlich erhaltene Voralpenbach fließt geschwungen durch sein Tal und bildet in engeren Abschnitten mit Schluchtcharakter auch Kaskaden aus. Dort fällt das Wasser in mehreren gestuften Becken nach unten.

Ergebnis: Es gibt nicht mehr viele Gewässerperlen in Süddeutschland.

In Bayern erfüllen 56 Gewässerabschnitte die Anforderungen des Labels „Gewässerperle PLUS“. Alle diese Gewässerabschnitte aufsummiert ergeben eine Strecke von 348,7 km, was etwa 1,3% aller nach WRRL kartierten Fließgewässer in Bayern entspricht. In Baden-Württemberg erfüllen 24 Abschnitte die Anforderungen. Mit 125,8 km Strecke entspricht das etwa 0,9 % aller nach WRRL kartierten Fließgewässer.

Für den Hintergrundbericht wurden aus den oben genannten 80 Gewässerabschnitten anhand individueller Betrachtungen und Ortsaugenschein 16 Gewässerstrecken ausgewählt, die durch Qualität und Länge als
Gewässerperlen-Kandidat besonders überzeugen. Diese gelten als „Top-Gewässerperlen-Kandidaten“ und werden für eine Zertifizierung als “Gewässerperle PLUS” vorgeschlagen.

In Baden-Württemberg sind die folgenden Bäche und Flüsse besonders naturnah:

Naturnaher Fluss Wutach bei den Wutachflühn im Schwarzwald

WUTACH

Die Wutachschlucht gilt als der größte Canyon Deutschlands, lässt durch ihre Schluchtenwege Wanderherzen höherschlagen und ist wegen ihrer landschaftsgeschichtlichen und geologischen Besonderheiten, sowie ihrer artenreichen Tier- und Pflanzenwelt bereits 1939 als Naturschutzgebiet ausgewiesen worden.

Naturnaher Bach

IBACH UND SCHWARZENBACH

Da das Einzugsgebiet der beiden Bäche einen hohen Mooranteil aufweist, trägt das Wasser eine rostbraune bis orangerote Färbung. Durch die hohe Fließgeschwindigkeit findet sich viel Grobmaterial wie Steine und größere moosbewachsene Felsblöcke in den Bächen.

Gewässerperlen-Kandidat Allgäu, der Gießbach und der Hochberger Gießbach

(HOCHBERGER) GIESSBACH

Der Hochberger Gießbach fließt bei Gießen in den Gießbach. Die beiden kleinen Bäche fließen stark gewunden durch ein Waldgebiet. Totholz im Bach, unterspülte Wurzeln und eintauchende Ufervegetation bieten vielfältige Habitate für Gewässerlebewesen.

Gewässerperlen-Kandidat im Odenwald, der Reisenbach

REISENBACH

In zahlreichen kleinen Windungen sucht sich der Reisenbach seinen Weg durch den Wald. Die angrenzenden Bäume bieten dem Mittelgebirgsbach viel Schatten und Totholz. Beinahe der gesamte Bach ist naturnah und erfüllt die Anforderungen an eine Gewässerperle.

Naturnaher Fluss in Oberschwaben, die Ettishofer Ach

ETTISHOFER ACH

Die Ettishofer Ach fließt durch den Schmalegger Tobel. Ein Tobel ist in den oberdeutschen Dialekten ein enges Tal bis hin zu einer Schlucht. Der standorttypische Schluchtwald wird kaum bewirtschaftet. Umfallende Bäume werden nicht entfernt und werden so zu wertvollen Habitaten für Wirbellose und Fische im Bachbett.

Schwäbische Alb, Gewässerperlen-Kandidat, Starzel

STARZEL

Die Starzel windet sich in engen Kurven durch ein unberührtes Tal und ändert ihre Richtung an mehreren Stellen um 180 Grad. Durch diese zahlreichen Richtungsänderungen erodiert das Ufer bei Hochwasserereignissen und bildet mehrere Meter hohe Uferanbrüche. Auf der anderen Seite lagern sich kaum bewachsene Schotterbänke ab. Die Starzel kann hier ganz natürlich fließen.

Eine Zusammenfassung des Berichts „Identifikation von Gewässerperlen in Süddeutschland“ finden Sie hier. Den gesamten Bericht, inklusive der Methodik der Analyse hier.